„Der Westen“ hält Deutschland '83 für die beste Serie des Jahres, der Spiegel
für “furios”. Der Hype um das neue RTL-Produkt ist groß, aber
das sagt mehr über den Journalismus, als über die Serie. Deutschland konnte so etwas bisher nicht, lautet der gängige Topos, doch jetzt haben wir endlich ein Ass im Ärmel: Deutschland '83! Welcome
großartiges, aufwändiges, horizontales
Erzählen.
Dabei haben sich bloß ein paar Fernsehmacher in
Deutschland überwunden, Redakteuren zu misstrauen, und deren Sichtweise, den
Zuschauer für dumm zu verkaufen. Zudem wird bei Deutschland 83 das Showrunner-Prinzip übernommen. Es besagt, dass der Autor Herr der Produktion
ist, eben der Showrunner, Regisseure werden nur noch zu gestaltenden Befehlsempfänger degradiert. Bora Dagtekin allerdings - das Wunderkind,
das alle Rekorde mit Fack ju Göhte 1 & 2 bricht - übertrug das Konzept auf Deutschland schon vor 10 Jahren, nämlich mit der großartigen ARD-Serie Türkisch für
Anfänger.
Deutschland 83 handelt von einem jungen NVA-Soldaten, der gezwungen wird, in
Westdeutschland zu spionieren. Das Ganze spielt im Juli 1983, zur
Zeit des Nato-Doppelbeschlusses, während verschärfter Spannungen
zwischen Ost und West. Die ersten beiden Folgen sind
Eventkino pur: Die obligatorisch böse Stasi, Thrill beim Klau der geheimen
Dokumente aus dem Safe, Gefahr der Entdeckung unseres kommunistischen
Helden aus Ostdeutschland (ja, wir fühlen mit ihm, schließlich wird
er ja gezwungen), es gibt sogar Martial-Arts-Action. Die Handlungsdichte ist riesig. Man sieht auch warum die Serie ein Erfolg in den Zeitungen ist (wenn auch nicht
quotenmäßig): Gutes Casting, die Inszenierung
ist stimmig, die Inszenierungsideen gut, die Erzählweise nicht ganz
anspruchslos.
Deutschland
'83“ hat in meinen Augen zwei Probleme. Das erste ist profan, es ist der Ton. Er ist
schlecht, und nicht nur schlecht aufgenommen, die Dialoge sind auch
nicht gut inszeniert: die Schauspieler nuscheln, was gar
nicht nötig gewesen wäre. Vor allem stimmt der Mix nicht: Musik
stöhnt ständig im Hintergrund und überlagert das eh schon
schlecht Verständliche.
Das
zweite Problem lässt sich griffig formulieren mit the Americans, eine seit drei Jahren laufende US-Serie, die ebenso zu Beginn der 80er spielt: Russische Agenten
leben getarnt als normale Familie in den USA, samt ihrer völlig ahnungslos aufwachsenden Kinder. Auch hier sind die „Bösen“
unsere Helden (gut möglich, dass die Autoren von Deutschland '83
dachten: Brechen wir das doch auf die
deutsche Ebene runter und fertig ist unser Serien-Pitch). Phillip und Elizabeth aus the Americans sind die großen Geschwister unseres Spions aus Klein-Machnow, sprich: Stellt man sich den stümpernden RTL-Agenten aus Deutschland '83 im Universum von the Americans vor, denkt man zwangsläufig, dass er sofort tot gewesen wäre.
Das zeigt in etwa, wo diese Serie wirklich steht.
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