2. Februar 2016

Der demokratische Thriller

Der Vorwahlkampf in den USA hat mit den Caucuses in Iowa begonnen (Cruz gewann vor Trump bei den Republikanern, Clinton knapp vor Sanders bei den Demokraten) und die Medien überschlagen sich. Gerade sehen wir besonders schön, wie die Maschinerie tickt: Einerseits ist die Deutung der Ergebnisse natürlich wichtig, zwecks Einordnung der Lage. Andererseits ist der Ventilator, mit dem heiße Luft verföhnt wird, gigantisch (Ein beispielhaftes Narrativ: Clinton muss sich warm anziehen. Dieser alte Sozialist Bernie Sanders, der die Jugend auf seiner Seite hat, hat nicht verloren, sondern gewonnen. Aus dem nichts nur 0,3 Prozent weniger als Clinton! Und das ihr, der das Weiße Haus quasi schon gehörte!). Ein typisches Medien-Schauspiel. Es gibt aber etwas, was untergeht, leider. Mich fasziniert es:

Dieser Vorwahlkampf ist ein leuchtendes Beispiel - geradezu ein Vorbild - für Demokratie. Im Hinterzimmer die Kandidaten austüfteln, so wie in Deutschland Kanzlerkandidaten, ist hier nicht.
Die Kandidaten in den USA haben stattdessen einen knallharten Hindernislauf zu absolvieren: Veranstaltungen, Termine (Ted Cruz hat angeblich sämtliche 99 Counties von Iowa mindestens einmal besucht) Reden, Meetings, etc. Aber sie wollen ja auch die mächtigste Person auf der Welt werden. Die zahlreichen Stories drumherunm sind schnell verblassende Meilensteine in einem Marathon-Rennen, die Vorwahlen in den Bundesstaaten sind Etappen, ganz wie bei der Tour de France. Die Helden bei all dem sind die Wähler: Wie sie den Hebel in der Hand haben, wie stark die Taktung der Wahlen alles vorgibt! Es ist ein Fest. 
Jedoch eins, das wenig gefeiert wird. Viel berichten deutsche Medien dagegen über Problematiken: da ist das große Spendenthema (wieviel sollte und darf ein Kandidat einsammeln?) - Stichwort Super-Pac. Da ist die Frage, warum es wirklich sein kann, dass jemand Präsident wird, obwohl er nicht die meisten Wählerstimmen bekommt (vgl. Bush vs. Gore, 2000). Problematisch sind die Wahlkreis-Zuschnitte, Stichwort Gerrymandering. Und natürlich: Wie kann es sein, dass Leute wie Cruz, Trump (oder auch Sarah Palin) so beliebt sind? Der Grusel vor dem bis zur Selbstverleugnung betriebenen Erzkonservatismus bestimmt die Schlagzeilen. 
Tatsächlich ist es aber so: Wenn diese Kandidaten von der (dann hoffentlich bestehenden) Mehrheit einst vielleicht gewählt werden, dann war das kein dummer Zufall. Dann haben sie viel mehr Substanz geboten, als provokante Phrasendrescherei. Das Endergebnis am 8.November ist das Ende eines knallharten, erz-demokratischen Prozesses, der uns zum Vorbild gereicht.

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