14. Oktober 2016

Wabos

Lothar-Günther Buchheim berichtet in „Das Boot“ davon, wie die Alliierten im Zweiten Weltkrieg deutsche U-Boote jagten: Die Zerstörer warfen mit Sprengstoff gefüllte Metallfässer ins Meer. Diese Wasserbomben versanken mit mehreren Metern pro Sekunde und zündeten bei einer zuvor eingestellten Tiefe. Wasserbomben, abgekürzt Wabos, mussten nicht genau treffen. Explodierten sie innerhalb eines gewissen Radius’, sorgte die Druckwelle für ein Zerbersten des U-Boots (die Darstellung im Film "Das Boot" ist also falsch: dort explodieren die Wabos direkt am U-Boot, das hätte in Wirklichkeit die sofortige Zerstörung bedeutet): Riss der etwa 50 Meter lange Druckkörper nur minimal auf, lief er aufgrund des Wasserdrucks in drei Sekunden voll, heißt es. Keine Ahnung, ob das so war, und ob die Männer sofort tot waren oder quallvoll ertranken, jedenfalls, mein Großonkel Bruno soff so ab.

 
Ich weiß nicht viel über ihn. Es hieß, er wollte die Welt sehen und ging darum zur Marine. Schon vor dem Krieg trat er ein, die Nazis fand er wohl auch ganz gut (er war 1917 geboren und sicher empfänglich für Nazirhethorik). Zu Kriegsbeginn diente er auf U-45. Er war an Bord, als es zu einer der ersten U-Boot-Feindfahrten des Krieges überhaupt auslief. Die Reise im September 1939 verlief ohne Ereignisse, doch während der zweiten versenkte U-45 zwei Schiffe, südlichwestlich von Irland, als es einen britischen Geleitzug angriff. Sieben Mann auf einem der Schiffe starben, ein Auftakt zu den späteren Atlantikschlachten, bei denen deutsche U-Boote im Rudel alliierte Geleitzüge attackierten und tausende Schiffe versenken sollten.
Aber da war mein Onkel Bruno nicht mehr dabei. Am selben Tag rächte sich die Attacke und es ging ihm an den Kragen. Mehrere Geleitzugbewacher jagten die Deutschen. Einem oder vielleicht zwei Zerstörern konnte ein U-Boot getaucht entkommen, aber U-45 hatte Pech, es waren vier. Eine Wasserbombe - vielleicht auch mehrere - explodierte irgendwo innerhalb des tödlichen Radius' und das U-Boot soff mit Mann und Maus ab in die Tiefe.
U-45 war das erste U-Boot des Krieges, das mit sämtlichen Besatzungsmitgliedern unterging. Hunderte folgten ihm in den nächsten fünfeinhalb Jahren. Mein Großonkel, Obermaschinist Bruno Nitschke, wurde 22 Jahre alt. Es war der 14.Oktober 1939.

(U-45 und seine Besatzung, 1938. Mit Bruno irgendwo.)

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