29. Januar 2018

Der Präsident

Peter Fischer ist kein Mann, der sich immer ganz korrekt ausdrückt. Etwas, was ihm in der aktuellen Diskussion auch auf die Füße fällt. Aber er hat eine Haltung: der Präsident des Sportvereins Eintracht Frankfurt 1899 e.V. unterstrich in einer Rede auf der gestrigen Mitgliederversammlung, warum er keine AfD-Mitglieder bei Eintracht Frankfurt haben will. Er legt sich so mit der aktuell dynamischsten Partei Deutschlands an, ganz bewusst. Er bekennt sich, zum liberalen Staat, zu Weltoffenheit.
Der Vorwurf, dass Fischer nur Schwarz und Weiß sieht, liegt natürlich ums Eck. Mindestens, was die politische Lage in Ostdeutschland angeht, bin ich für eine offene Auseinandersetzung in alle Richtungen, auch mit der AfD. Ob der Eintracht-Präsident es sich zu einfach macht und Protestwähler ausgrenzt? Vielleicht.
Dennoch hat Peter Fischer recht. Und zwar sowas von. 


Eintracht Frankfurt ist ohne die Frankfurter Juden nicht denkbar. "Juddebube" nannte man die Eintracht-Sportler einst. Aber nicht sie waren "Schmarotzer", die Nazi-Anhänger waren es: Als in der Nachkriegszeit der Verein im Fußball seine größte Blüte erlebte, die ohne einstige jüdische Hilfe gar nicht möglich gewesen wäre, war Rudolf Gramlich Vereinspräsident. Ich muss keine Biographie von dem Mann lesen, um zu wissen, dass er ein hundertprozentiger war: Gramlich diente im Zweiten Weltkrieg in einem Totenkopfregiment der SS.
Wenn der Verein nur ein Rest Selbstachtung hat, wenn er nur ein bisschen aus der Geschichte gelernt hat, dann gibt es gar keine andere Wahl: Leute, die antisemitisch, rassistisch oder irgendwie fremdenfeindlich denken, dürfen keinen Platz dort haben. Da die AfD – um es mal freundlich zu sagen – sich nur völlig unzureichend von solchem Denken abgrenzt, ist es schlicht folgerichtig von Fischer, AfD-Mitglieder nicht willkommen zu heißen. Das ist die Definition von Konsequenz und von Vorbildfunktion. (Übrigens liegt hier auch die große Stärke der deutschen Vereinsstruktur: Sie können mehr als bloße Sport-Franchises sein und gesellschaftliche Funktionen bekleiden). 

Ich bin zwar sehr dafür, die AfD nicht als rechtsextremistischen, monolithischen Block darzustellen. Doch das gilt bloß für die politische Diskussion. Eintracht Frankfurt darf für sich anders entscheiden, und sollte es sogar, einfach aufgrund seiner Geschichte.
Fischer ist ein Mann mit Ecken und Kanten, kein glattgebügelter Präsident. Es heißt, er lässt er gerne mal die Puppen tanzen, was in diesem Zusammenhang nicht unwichtig ist: Fischer mag es vielleicht nicht wissen, aber er hat eine weitere Vorbildfunktion. Viele Wähler stimmten für die AfD, weil sie sich in einer scheinbar anonymen, internationalen und ultrakapitalistischen Welt verlieren sehen. Doch Leute wie Fischer zeigen, dass es auch anders geht. Lokalkolorit, Unangepasstheit und Erfolg kann mit Weltoffenheit einhergehen. Man muss nicht rechts sein oder rechts wählen, um seine eigene Identität zu finden.

(Disclaimer: Ich bin ungefähr seit dem Miozän Eintracht Frankfurt Fan)

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